Als siebentes von sechzehn Bundesländern soll Berlin ein
eigenes Versammlungsgesetz erhalten. Bislang gelten in der Hauptstadt die
Bestimmungen des Bundesversammlungsgesetzes, das die
Versammlungsfreiheit nach Artikel 8, Absatz 2, des Grundgesetzes einschränkt. Über Jahrzehnte
wurde das Versammlungsgesetz des Bundes durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
ausgelegt. Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin (SPD, Linke und Grüne) will nun
mit dem Versammlungsfreiheitsgesetz das Demonstrieren künftig erleichtern. Die
Polizei soll unter anderem einem Deeskalationsgebot unterliegen, das
ausnahmslose Vermummungsverbot soll wegfallen, und Spontandemos sollen
erleichtert werden. Am 2. November 2020 hörte der Innenausschuss dazu fünf
ExpertInnen an. Die Meinungen zum neuen Gesetz gehen auseinander: Oliver Tölle,
der ehemalige Chefjustiziar der Polizei, unterstellte den AutorInnen, das Versammlungsfreiheitsgesetz
des Landes Schleswig-Holstein zu übernehmen. Allerdings sei die Situation nicht
mit Berlin vergleichbar, da "nahezu jeder Konflikt irgendwo in der Welt in
Berlin auf der Straße ist". Versammlungsrechtler Michael Breitbach, auf
der anderen Seite, sieht das neue Gesetz als großen Freiheitsgewinn. "Gar
nicht hoch genug einschätzen könne man den geplanten Grundsatz der Deeskalation
bei der Wahl der polizeilichen Taktik", so Breitbach.