Wien setzt neue Maßstäbe: Nordwestbahnhof wird zum Prototyp

17.3.2025

Der ehemalige Nordwestbahnhof ist eines der letzten großen innerstädtischen Stadtentwicklungsgebiete in Wien. Am Areal in der Brigittenau entsteht geförderter und somit leistbarer Wohnraum unter den besonderen Schwerpunkten Kreislaufwirtschaft und Klimaresilienz.

Auf dem 44 Hektar großen ehemaligen Bahnareal entwickeln die ÖBB gemeinsam mit der Stadt Wien ein modernes, grünes Stadtquartier für rund 16.000 Menschen und etwa 4.700 Arbeitsplätze. Aufgewartet wird hier in Sachen Quartiersentwicklung sozusagen mit dem vollen Programm - alles, was einen funktionierenden Stadtteil ausmacht, befindet sich am ehemaligen Nordwestbahnhof in Vorbereitung.

"Am Areal des ehemaligen Nordwestbahnhofs kann man hautnah miterleben, wie in Wien innovative und nachhaltige Stadtentwicklung gelebt wird. Hier entsteht ein neues Grätzl nach den Prinzipien der Leistbarkeit, Nachhaltigkeit und Innovation. Allein in der ersten Bauphase entstehen rund 900 leistbare geförderte Wohnungen, nach neuestem Standard, wobei die 500 Gemeindewohnungen für europaweite architektonische Inputs ausgeschrieben sind. Doch auch die umliegenden Grätzl profitieren durch die neue Infrastruktur und die großzügigen neuen Naherholungsgebiete. Mit dem Grundsatz des Kreislauffähigen Bauens setzen wir nun das ressourcenschonende Bauen der Zukunft in die Tat um. Wien ist hier internationale Vorreiterin und hat eigene Maßstäbe entwickelt, die nun mit Leben befüllt werden. Damit wird das Stadtquartier zum Prototyp in Sachen Nachhaltigkeit und Innovation", so Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.

"Nachhaltige Quartiersentwicklung in Wien bedeutet Klimaschutz mit Weitblick. Am Nordwestbahnhof entsteht ein klimaresilientes Stadtquartier, das Maßstäbe für die Kreislaufwirtschaft setzt. Ressourcenschonung im Bauwesen hat hier oberste Priorität - von der Schadstoffminimierung über Material- und Abfallreduktion bis zur Langlebigkeit und Wiederverwendbarkeit von Baustoffen. Als Pioniergebiet und Stadtlabor für nachhaltiges Bauen leistet dieses Quartier einen entscheidenden Beitrag zur Klimaneutralität Wiens bis 2040 - auch im sozialen Wohnbau", so NEOS Wien Klubobfrau Selma Arapović.

2024 startete die ÖBB in Kooperation mit dem wohnfonds_wien einen zweistufigen, dialogorientierten Bauträgerwettbewerb für drei Bauplätze mit einem Volumen von rund 400 geförderten Wohneinheiten. Ziel des Bauträgerwettbewerbs ist die Realisierung von qualitätsvollem, geförderten Wohnbau. Der Bauträgerwettbewerb legt mittlerweile standardmäßig den Schwerpunkt auf das Thema klimafitte Quartiersentwicklung und darüber hinaus wird in diesem Pilotverfahren die Planung nach kreislaufwirtschaftlichen Prinzipien in den Entwicklungsprozess integriert.

Daneben werden rund 500 neue Gemeindewohnungen errichtet, für die 2024 ein EU-weiter Architekturwettbewerb von Wiener Wohnen abgewickelt wurde. Neben den geförderten Wohnbauten werden auch freifinanziert Wohnungen entwickelt und der Bildungscampus im Projektgebiet wird 2028 in Betrieb gehen. Die geplante Bebauung dieser ersten Etappe der Entwicklung des Nordwestbahnhofs soll voraussichtlich von 2026 bis 2030 realisiert werden.

"Neben dem Bauträgerwettbewerb kommt im Areal Nordwestbahnhof ebenfalls das Qualitätssicherungsinstrument Qualitätsbeirat des wohnfonds_wien zum Einsatz. Hierbei kommen alle Projektteams des Areals (gefördert aus dem Bauträgerwettbewerb, freifinanziert und jene des Gemeindebaus NEU) für die gemeinschaftlichen qualitätssichernden Prozesse zusammen. So kann sichergestellt werden, dass es zu einer abgestimmten und nachhaltigen Quartiersentwicklung kommt", so der Geschäftsführer des wohnfonds_wien, Gregor Puscher und stv. Geschäftsführer Dieter Groschopf.

"Die Revitalisierung ehemaliger Bahnareale, wie hier am Nordwestbahnhof, ermöglicht es nachhaltige, lebendige und lebenswerte Stadtquartiere mitten in Wien zu schaffen. Es entsteht ein sozial durchmischtes und klimafittes Quartier, das für alle offen steht. Gefördertes und freifinanziertes Wohnen werden mit Arbeit, Bildung, Kultur und großzügigen Grünräumen kombiniert. Bereits in der ersten Bebauungsphase werden rund 900 geförderte Wohnungen, inklusive Gemeindebau, errichtet. Die historischen Backsteinbauten werden behutsam in das neue Quartier integriert. Somit setzen wir gemeinsam mit der Stadt Wien Maßstäbe für eine zukunftsorientierte und nachhaltige Stadtentwicklung, die Vielfalt und Lebensqualität in den Mittelpunkt rückt", so Silvia Angelo, Vorständin der ÖBB-Infrastruktur AG.

"Wiener Wohnen errichtet in der ersten Bauphase zwei neue Gemeindebauten mit rund 500 Wohneinheiten. Auf einer Gesamtwohnfläche von mehr als 28.000 m2 entstehen moderne leistbare Wohnungen, die auf unterschiedlichste Bedürfnisse zugeschnitten werden: Von der Ein-Zimmer-Single-Wohnung bis zu großen Familienwohnungen mit bis zu fünf Zimmern. Die neuen Bauten werden allen Ansprüchen nachhaltigen Wohnens gerecht, sie bieten Loggien, Balkone, Terrassen und sogar Eigengärten. Photovoltaik-Anlagen am Dach produzieren klimafreundlichen Sonnenstrom und intensiv begrünte Innenhöfe sorgen für ein angenehmes Wohnklima in Zeiten steigender Temperaturen", skizziert Vizedirektor Philipp Wachterdie Pläne von Wiener Wohnen.

Zirkulär Planen und Bauen am Nordwestbahnhof

Die steigende Nachfrage nach Rohstoffen und begrenzte Ressourcen machen deutlich, wie wichtig nachhaltiges Bauen für den Klimaschutz ist. Das Stadtquartier am Nordwestbahnhof in Wien rückt deshalb ressourcenschonendes und kreislauffähiges Bauen in den Mittelpunkt. Ziel ist es, die negativen Auswirkungen der Rohstoffgewinnung und -nutzung auf Umwelt und Klima zu minimieren. Dieses innovative Vorhaben knüpft an zentrale Klimaziele an: Sowohl der European Green Deal als auch die Smart Klima City Strategie Wien fordern, dass ab 2030 Gebäude nachhaltig geplant und gebaut werden. Ab 2040 sollen zudem 70 Prozent der Baumaterialien und Bauteile aus Abbruch- und Umbauprojekten wiederverwendet oder recycelt werden.

Der Nordwestbahnhof dient hier als Prototyp für Wien. Das Konzept des kreislauforientierten Bauens stellt sicher, dass Rohstoffe und Baumaterialien so genutzt werden, dass Abfälle möglichst vermieden und Ressourcen erhalten bleiben. Dies setzt voraus, dass bereits bei der Planung Materialien und Bauteile berücksichtigt werden, die am Ende ihrer Nutzung weiterverwendet oder recycelt werden können. Ein entscheidender Faktor ist das frühzeitige Aufgreifen des Themas in Projekten, da Kreislauffähigkeit nicht nachträglich umgesetzt werden kann. Es sollen umweltfreundliche Rohstoffe und wiederverwertbare Baumaterialien beim Bau und bei Sanierungen verwendet werden.

Um zirkuläres Bauen breit umzusetzen, braucht es klare Angaben dazu, was damit gemeint ist. Oder woran man die Zirkularität eines Neubaus oder einer Sanierung konkret messen kann. Aus diesem Grund arbeitet die Stadt Wien an einem Bewertungssystem, dem sogenannten Zirkularitätsfaktor (ZiFa). Der ZiFa betrachtet unter anderem Materialeinsatz, Ökobilanz, Flexibilität, Langlebigkeit sowie Rückbau und Recycling. Konkret wird dabei unter anderem auf den Anteil an wiederverwendeten Materialien oder nachwachsenden Rohstoffen bzw. auf die Rückbaufähigkeit des Gebäudes geachtet. In den kommenden zwei Jahren wird der ZiFa anhand konkreter Testanwendungen weiterentwickelt. Mit ZiFa 2.0 soll ein praxisorientiertes Tool vorliegen, das dabei unterstützt, zirkuläre Gebäude umzusetzen.

Kreislaufwirtschaft spielt bei der Quartiersentwicklung am Nordwestbahnhof eine große Rolle. Kriterien aus dem ZiFa fließen bereits in Bauträgerwettbewerbe und Architekturwettbewerbe ein und stellen so die Integration von kreislaufwirtschaftlichen Prinzipien sicher.

Die Bauträgerwettbewerbe des wohnfonds_wien

Die Bauträgerwettbewerbe des wohnfonds_wien sind ein wesentliches Instrument zur Gestaltung der Zukunft Wiens und tragen maßgeblich zur qualitativen Weiterentwicklung des geförderten Wohnbaus bei. Sie setzen hohe Maßstäbe in Ökonomie, Architektur, Ökologie und sozialen Innovationen, wodurch nachhaltige, energieeffiziente und zukunftsfähige Konzepte gefördert werden. Gleichzeitig gewährleisten sie die Schaffung leistbaren Wohnraums mit hoher Lebensqualität und verhindern soziale Verdrängung, indem sie auf durchmischte Quartiere mit vielfältigen gemeinschaftlichen und kulturellen Angeboten setzen. Zudem treiben sie Innovationen voran, indem neue Technologien und klimafreundliche Bauweisen integriert werden, um ressourcenschonendes und klimaneutrales Wohnen zu ermöglichen.

So wurde zum Beispiel das Thema Kreislaufwirtschaft in den letzten Wettbewerben verstärkt zu einem Schwerpunktthema und ist nun mit dem Projekt Nordwestbahnhof zum Standard im Wettbewerbsverfahren geworden. Bereits in den Bauträgerwettbewerben des 1. Wiener WohnBAUMprogramms sowie bei dem Bauträgerwettbewerb 10., Kurbadstraße wurde die Kreislaufwirtschaft als Beurteilungsaspekt aufgegriffen.

Durch diese gezielte Förderung innovativer, sozialer und nachhaltiger Wohnkonzepte leisten die Wettbewerbe einen entscheidenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit Wiens und schaffen eine lebenswerte, klimaresiliente Stadt mit bezahlbarem Wohnraum.

Ausstellung zum geförderten Wohnen am Nordwestbahnhof 

Die Bezirksvorstehung des 20. Bezirks lädt zur Ausstellung "Gefördertes Wohnen am Nordwestbahnhof. Fokus Kreislaufwirtschaft". Dabei bekommen Interessierte einen Einblick in die Zwischenergebnisse der Qualitätssicherung der ersten Entwicklungsetappe. Neben den Qualitätsinstrumenten des wohnfonds_wien werden die Schwerpunktthemen Kreislaufwirtschaft und Klimaresilienz sowie die ersten Zwischenergebnisse des im Jahr 2024 gemeinsam von den ÖBB und dem wohnfonds_wien durchgeführten Bauträgerwettbewerbs und die neuen Gemeindebauten präsentiert.