Die Stadt Wien und die ÖBB haben ein bedeutendes Renaturierungsprojekt für 90 Hektar des ehemaligen Verschiebebahnhofs Breitenlee in der Donaustadt auf den Weg gebracht. Bürgermeister Michael Ludwig und ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Silvia Angelo unterzeichneten kürzlich einen Letter of Intent, um das Projekt "Naturschutz-Areal Breitenlee" zu starten.
Dieses Gebiet, das mehr als doppelt so groß wie die Steinhofgründe im 16. Bezirk ist, spielt eine zentrale Rolle als Naturkorridor zwischen Bisamberg und Lobau. Es beherbergt zahlreiche seltene Pflanzen- und Tierarten, darunter Neuntöter, Wiedehopf, Zauneidechse, Orchideen und über 140 Wildbienenarten. In den naturnahen Lebensräumen finden sich pannonische Trocken- und Halbtrockenrasen, die besonders schützenswert sind. Die ÖBB nutzen nur noch kleine Teile des Areals für den Bahnbetrieb und ermöglichen so die nachhaltige Weiternutzung des Gebiets. Die Stadt Wien plant, das Areal zu einem Natura 2000 Schutzgebiet zu entwickeln und dafür Förderungen aus dem Biodiversitätsfonds des Bundes sowie EU-Mittel zu beantragen.
Bürgermeister Michael Ludwig betont die Bedeutung dieses Projekts für die Biodiversität und den Klimaschutz: "Hier wird deutlich, warum Wien seit langem viel Wert auf Renaturierung gelegt hat. Renaturierung sichert Biodiversität und damit funktionierende Ökosysteme, in denen wir und nachfolgende Generationen gesund leben können. Wien geht mit dem Naturschutz-Areal Breitenlee künftigen Entscheidungen über eine EU-weite Renaturierungs-Verordnung voran. Wir setzen schon heute Strategien zum Schutz der Biodiversität um und zeigen, wie auch in einer dynamisch wachsenden Stadt wie Wien Renaturierung in großem Stil möglich ist."
Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky sieht das Naturschutz-Areal als Leitprojekt für Wien als Umweltmusterstadt: "Seltene Pflanzen und Tiere sind gerade in der Großstadt unermesslich wertvoll. Darum setzen wir alles daran, ihre Lebensräume und damit ihren Fortbestand zu sichern. Zugleich bieten wir den Wiener*innen ein Mehr an wertvoller Natur. In Zukunft wird man hier den Zusammenhang von Artenvielfalt und Klimaschutz erleben und besser verstehen lernen. Mit Breitenlee schaffen wir ein Musterbeispiel dafür, wie der Schutz bedrohter Arten und Lebensräume im urbanen Raum gelingen kann."
ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Silvia Angelo freut sich über die nachhaltige Nutzung des Areals: "Es ist uns sehr wichtig, für nicht betriebsnotwendige Flächen, eine passende Nachnutzung zu finden. In Breitenlee hätte vor vielen Jahren ein großer Verschiebebahnhof entstehen sollen. Die Pläne wurden aus verschiedenen Gründen jedoch nie zur Gänze verwirklicht. So konnte sich im Laufe der Jahre ein schützenswertes Stück Natur entwickeln."
Das Projekt wird von der Stadt Wien – Umweltschutz in Kooperation mit dem Stadt Wien – Forst- und Landwirtschaftsbetrieb entwickelt und koordiniert. Ziel ist es, versiegelte und teilversiegelte Flächen wiederherzustellen, invasive Pflanzen zu beseitigen, neue Lebensräume für Amphibien und Wildbienen zu schaffen und eine nachhaltige Weidelandschaft zu entwickeln. Das Naturschutz-Areal Breitenlee soll auch der Naherholung dienen und zur Kühlung des dynamisch wachsenden Stadtentwicklungsgebiets im 22. Bezirk beitragen.
Langfristig sind auch Bereiche für sanfte Erholung, Umweltbildung und die Vermarktung lokaler Produkte geplant. Besucher*innen sollen die Möglichkeit haben, die Naturschätze aus nächster Nähe zu erleben, ohne die Tiere und Pflanzen zu stören. Die Besucher*innen werden in Informations-, Lehr- und Bildungsbereichen erfahren können, wie ökologisches Gleichgewicht, Biodiversität und Klimaschutz zusammenspielen. Dazu ist unter anderem ein Info-Haus geplant. Mittelfristig sollen vor Ort auch lokal hergestellte Bio-Produkte wie Feldfrüchte, Obst oder Fleisch von Weidetieren und Wild erhältlich sein.